Die Lebenshilfe Berchtesgadener Land hat Herrn Toni Kurz eingeladen, einen Nachmittag in ihrer Wohngruppe Marzoll zu verbringen. Die Einrichtung nahm teil an einer bayernweiten Aktion mit dem Namen Rollentausch, die vom 8. bis 14. Oktober 2012 durchgeführt wurde. Die „Aktion Rollentausch“ ist eine Initiative des „Forum Soziales Bayern“, zu dem das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen Akteure des Sozialbereichs regelmäßig einlädt. Ziel der Aktion ist es, Entscheidungsträgern in Verwaltung, Politik und Wirtschaft die Möglichkeit zu geben, soziale Arbeit und Pflege in der Praxis kennen zu lernen.
Herr Toni Kurz, Geschäftsführender Beamter der Marktgemeinde Berchtesgaden, erklärte sich spontan bereit, bei der Aktion Rollentausch mitzumachen. Am 9. Oktober 2012 wurde Herr Anton Kurz vom Geschäftsführer der Lebenshilfe BGL, Herrn Dieter Schroll, und dem Leiter des Wohnbereiches, Herrn Erwin Lederer, herzlich im Wohnhaus Marzoll begrüßt.
Im Mittelpunkt der Vorbesprechung stand das geplante Wohnprojekt der Lebenshilfe BGL in Berchtesgaden. Erst kürzlich erwarb die Lebenshilfe BGL ein Grundstück in zentraler Lage für den Bau eines neuen Wohnhauses. Das Wohnhaus soll für erwachsene Menschen mit einer geistigen Behinderung aus dem südlichen Landkreis ein vorwiegend selbstbestimmtes Leben nahe bei den Angehörigen in der angestammten Umgebung ermöglichen. Das würde vor allem den älter werdenden Familienangehörigen, die den engen, persönlichen Kontakt zu ihren verwandten Menschen mit Behinderung erhalten wollen, zugute kommen.
Etwa 35 erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung leben derzeit noch bei ihren Familien im südlichen Landkreis. Ihre Rückmeldungen sowie die Rückmeldungen der Familien mit geistig behinderten Kindern und Jugendlichen, die eventuell später einmal einen Platz in einer Wohngemeinschaft benötigen, geben der Lebenshilfe wichtige Informationen für die künftigen Planungen. Mit einer Fertigstellung des Hauses rechnet die Lebenshilfe allerdings nicht vor 3 Jahren. Die Größenordnung der Einrichtung wird sich in etwa zwischen 16 und 24 Plätzen bewegen. Auch das Angebot einer Kurzzeitunterbringung möchte die Lebenshilfe dort berücksichtigen.
Herr Toni Kurz widmete sich nach den für ihn interessanten Einblicken in die Vorhaben der Lebenshilfe BGL ausschließlich den Bewohnerinnen und Bewohnern der Wohngruppe Marzoll und merkte dazu an, dass man anfangs gar nicht weiß, was auf einen zukommt. „Die Natürlichkeit und Herzlichkeit der Bewohner nimmt einem die Scheu aber sofort“, so Toni Kurz. Nach einer Besichtigung der Räumlichkeiten wurde Herr Kurz in alle Arbeiten, die in der Wohngemeinschaft anfallen, mit eingebunden. Dazu zählten das Wäsche waschen mit einer Bewohnerin, das Einkaufen der Lebensmittel für diesen Abend, das Kochen und das gemeinsame Abendessen.
Abschließend meinte Herr Kurz: „das war ein wirklich schöner Abend für mich und gebracht hat es mir etwas, weil ich etwas gelernt habe...nämlich wie normal Menschen mit geistiger Behinderung unter uns leben“.
Ebenfalls im Rahmen der Aktion Rollentausch lud die Lebenshilfe BGL am 10. Oktober 2012 Frau Irene Wagner, Geschäftsführende Gesellschafterin der Firma PSM Protech mit Sitz in Marktschellenberg und Ungarn ein, einen Tag in der Kurzzeitpflege der Lebenshilfe BGL mitzuarbeiten.
Gerne nahm Frau Wagner die Einladung der Lebenshilfe BGL an. Nach der Führung durch das neu erbaute Gebäude der Kurzzeitpflege und einer kurzen Vorbesprechung über den Einrichtungsbetrieb und dessen Konzeption durch den Einrichtungsleiter, Herrn Thomas Küblbeck, zeigte sich Frau Wagner unter anderem erstaunt über die Tatsache, dass der Einrichtungsträger, die Lebenshilfe Berchtesgadener Land e.V. 10% der Mitarbeiterlohnkosten der regionalen Offenen Behindertenarbeit selbst zu tragen hat, um die staatlichen Förderrichtlinien einzuhalten.
Anschließend entschloss sich Frau Irene Wagner spontan, einen neuen Gast der Kurzzeitpflege am Zubringerbus abzuholen. Damit konnte Frau Wagner sofort einen ersten Kontakt zu dem ganz speziell betreuten Personenkreis gewinnen. Rasch entwickelten sich erste, kleine Gespräche, die dann in den Räumen der Kurzzeitpflege vertieft wurden. Mit sehr großem Einfühlungsvermögen und Engagement begleitete Frau Wagner den neuen Gast der Kurzzeitpflege. Sie begleitete den Gast in sein Zimmer und unterstützte ihn dort beim Auspacken des Koffers und beim Einräumen des Schranks.
Durch eigene Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit hohem Hilfebedarf konnte Frau Wagner das Betreuungs- und Unterstützungskonzept der Einrichtung schnell kennenlernen. Frau Wagner beteiligte sich an den strukturierenden Abläufen vor dem Abendessen, war immer mittendrin und half, wo Sie nur konnte. Frau Wagner nahm teil am gemeinsamen Abendessen und am anschließenden gemütlichen Beisammensein. So konnte Sie einen guten Einblick bekommen in die wirklich differenzierte Pflege- und Betreuungssituation einer Kurzzeitpflegeeinrichtung für geistig schwerst- und mehrfach behinderte Menschen mit enorm hohem Hilfebedarf.